Ich gehe zum Supermarkt und sehe eine leere Dose herumstehen und freue mich, dass ich so aufräumen und auf dem Weg zum Einkaufen am Flaschen/Dosenautomat eine kleine Spende für die Tafel machen kann. Jetzt muss ich nur daran denken, dass ich dem nächsten Flaschensammler etwas gebe, um auszugleichen, dass ich den Flaschensammlern eine kleine Geldquelle weggenommen habe.
Prompt werde ich an der Kasse mit meinen Kleinigkeiten vorgelassen. Es stellt sich heraus, dass der Betreffende, den ich nicht kenne, auch in dem Verein für gegenseitige Hilfe ist und mich wahrscheinlich mit jemandem aus dem Verein verwechselt hat, der ihm geholfen hat.
Kleine Freuden des Alltags.
Anlass zu großer Dankbarkeit hat man immer dann, wenn man von Erfahrungen hört, die man noch nie zu machen hatte. So wie zum Beispiel von dieser Person, die einen Selbstmordversuch überstanden hat. Sie hat berichtet:
Auf jeden Fall bin ich jetzt in einer psychiatrischen Klinik, und das Team hat mir geraten, erstmal auf Abstand mit meinen Eltern zu gehen. Die Erziehung war nicht so dolle; jetzt haben die sich verändert, vor allem nach dem Geschehenen. Meiner Mutter habe ich erzählt, dass ich überlege, auszuziehen, da ich, auch wenn sie versuchen, sich zu bessern, in ihrer Gegenwart immer noch Angst habe. Sie war nicht begeistert, aber will mir nun mehr Autonomie einräumen und sagte, ich solle tun, was ich am besten für mich halte. Mir tut es aber richtig Leid. Trotz der Gewalt, dem Schreien, dem Schmerz und der Traurigkeit die sie mir all die Jahre zugefügt haben, fühle ich mich trotzdem schlecht. Wenn ich der Psychologin oder Bezugspflege erzähle, was passiert ist, und sie sagen, ich solle auf Abstand gehen oder sonst etwas Kritisches über sie sagen, bekomme ich voll die Schuldgefühle. Ich konnte nicht richtig lebten, das ist mir klar, aber ich habe überlebt. Materiell hat mir nichts gefehlt, ich fühlte mich halt immer nur in Alarmbereitschaft und entfremdet von jedem im Haus.
Ich soll jetzt in einem Betreuten Wohnen einziehen mit Leuten mit 1-27 Jahren und ähnlichen Umständen/Diagnosen haben, und mi ihnen zusammen leben. Das hört sich echt gut an, und das wird mir auch bestimmt gut tun. Was mich abhält ist, aber der Gedanke daran, dass meine Eltern sich dann schlecht fühlen. Aber wenn ich wieder einziehe, kann es wieder genauso schlimm werden.
Dass die Person nach ihren Erfahrungen Schuldgefühle gegenüber ihren Eltern haben kann, spricht von großer Empathie, die sie freilich zur Gesundung zumindest zwischenzeitlich überwinden muss. Eine Aufgabe, die man nicht haben möchte.
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