Dienstag, 4. Februar 2025

Der Grund für die maroden Brücken ist nicht Merkel, sondern ein technischer

 Marode Brücken

Liste von Brückeneinstürzen (Wikipedia)

"Der marode Zustand vieler deutschen Brücken wird heute gern der versäumten Instandhaltung in der Ära Merkel angelastet. Das ist völlig falsch. Er beruht vielmehr meist auf einem bestimmten Konstruktionsfehler bei Spannbetonbrücken der 60er und 70er Jahre. Das gilt für die Carola-Brücke in Dresden ebenso wie für die A45, die Sauerlandlinie. Letztere war die erste völlig neu geplante deutsche Autobahn nach dem Krieg. Allein dort müssen 60 große Talbrücken „ersetzt werden“. Wie kommt das?

Spannbetonbrücken und deren Vorläufer gibt es seit 1909. Fast alle stehen weltweit noch. Bei Spannbeton wird der Bewehrungsstahl in Trägerrichtung wie eine Geigensaite vor- oder nachgespannt. Dadurch können Spannweite und Tragfähigkeit erhöht oder Trägerhöhe und Materialaufwand verringert werden. Dabei gibt es mehrere Varianten, je nach Lage oder Spannzeitpunkt des Stahls: extern, intern, mit Verbund oder ohne.

Nur eine einzige Variante der 60er Jahre erwies sich als katastrophal: Die Spannstähle wurden dabei in flexible Rohre verlegt. Zur Korrosionsvermeidung presste man die unter hohem Druck mit Fett, Mörtel oder hochflüssigem Beton aus. Und genau das war der Fehler: Niemand kann je kontrollieren, ob sich in den Rohren nicht doch Luftblasen gebildet hatten, in denen der Stahl dann vor sich hin rostet. Man kann ja keine 30 Meter langen Betonträger röntgen.

Man klopft sie zwar mit Hämmern ab, um Hohlräume zu hören. Hört man sie, sind solche Brücken trotzdem nie wieder reparabel. Es bleiben nur Abriss oder Sprengung. Diese nur „interne“ Auspressvariante ist deshalb seit 1990 verboten.

Fast gegenteilige Korrosionsursachen hatte der Einsturz der :„Morandi-Brücke“ in Genua* Keine Spannbeton-, sondern eine Stahlhängebrücke. Wie die in San Francisco. 1960 herrschte im Bauwesen die Mode des „Brutalismus“. Morandi hatte die Stahlseile deshalb mit Beton ummantelt, um sie optisch „brutaler“ zu machen und Stahlpflege zu sparen.

Fuhren Lkw über die Brücke, schwang der Stahl. Folgen: Risse im Beton, Wasser drang ein, der Stahl korrodierte. Risse und Rostsuppe waren schon 1993 vom Auto aus zu sehen. Beim Einsturz 2018 gab es 43 Tote. Bei der Carola-Brücke in Dresden gab es nur keine, weil sie nachts einstürzte.

Der Autor  ist Professor für Industrialisiertes Bauen und Wachstumskritiker. "  FR 14.1.2025

Wikipedia: Polcevera-Viadukt (umgangssprachlich Ponte Morandi bzw. deutsch Morandi-Brücke)

* "Im November 2019 wurde bekannt, dass Manager von Atlantia, dem Mutterkonzern der Betreibergesellschaft, seit 2014 wussten, dass die Brücke einsturzgefährdet war.[6]"




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