"Whanaungatanga stammt aus der Sprache der Maori, der Ureinwohner Neuseelands, und hat keine deutsche Entsprechung, weil die damit verbundene Vorstellung in unserer Kultur höchstens als vage Sehnsucht existiert. Bei den Maori ist Whanaungatanga ein zentraler Begriff und bezeichnet das Gefühl von tiefer Verbundenheit. Konkret bedeutet Whanaungatanga, für die anderen zu sorgen, weil ihr Geschick untrennbar mit dem eigenen verbunden ist.
Die Wirkung von Whanaungatanga spürt man an neuseeländischen Schulen jeden Tag: Zu manchen Zeiten beantworten Kinder das Telefon im Schulbüro, damit die Sekretärin Pause machen kann, und als ein Junge wegen einer Krebserkrankung seine Haare verliert, rasieren sich die Klassenkameraden ihre auch ab. Nach dem Terrorangriff auf die Moschee in Christchurch staunten Menschen auf der ganzen Welt über die empathische Reaktion der Premierministerin und die Menschenketten, die Neuseeländer rund um Moscheen bildeten. Auch das war nichts anderes als Whanaungatanga.
Uns Deutschen würde ein bisschen mehr Whanaungatanga äußerst guttun, und da könnte man sich von den neuseeländischen Schulen einiges abgucken. Die Schulen, die ich besuche, fördern Whanaungatanga, wo es nur geht. Sie haben klassenübergreifende Unterrichtsthemen und veranstalten Kinoabende in der Aula, und außerdem sorgen sie dafür, dass die Schüler sich in der unmittelbaren Umgebung engagieren, zum Beispiel indem sie am Strand Müll sammeln oder mit den Bewohnern eines nahe gelegenen Altersheims Aerobic machen."
(Verena Friederike Hasel: Gebt den Kindern einen Grund zum Lernen ZEIT online 26.12.19)
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