Antikorruptionsbehörde ist Rumäniens Hoffnung
Rumäniens Premierminister Victor Ponta, gegen den wegen Korruption ermittelt wird, hat am Dienstag ein Misstrauensvotum im Parlament überstanden. Die vielen Prozesse zeigen, wie stark die Elite des Landes in Korruption verstrickt ist, kommentiert die liberal-konservative Neue Zürcher Zeitung, doch sie lassen sich auch positiv deuten: "Im Gegensatz etwa zu Bulgarien hat Rumänien mit der DNA eine integre Antikorruptionsbehörde, die rechtsstaatlich einwandfreie Verfahren durchzieht. Alleine seit 2014 wurden über tausend Personen, auch hochrangige Politiker, wegen Korruption verurteilt. ... Die Gefahr besteht, dass Rumäniens Regierung doch noch beschliesst, der DNA die Zähne zu ziehen. ... Für einen 'Labrador' hat sich die DNA erstaunlich mutig gezeigt. Die Tiger sind jedoch vor allem in der Regierung zu finden. Die Rumänen würden davon profitieren, dass sie endlich hinter Gitter kommen." (30.09.2015)
euinside - Bulgarien
Flucht nach Europa: Eiserner Vorhang teilt noch immer
Der wochenlange Streit zwischen ost- und westeuropäischen EU-Mitgliedern über die europaweite Verteilung von 120.000 Flüchtlingen hat gezeigt, dass der Eiserne Vorhang in den Köpfen europäischer Politiker 26 Jahre nach dem Mauerfall immer noch fortlebt, meint Adelina Marini in ihrem Blog euinside: "In den Verhandlungen in Brüssel kam zum Vorschein, dass der Eiserne Vorhang nicht restlos verschwunden ist, sondern seinerzeit von vorausschauenden Politikern mit autoritären Ansichten lediglich im politischen Keller versteckt wurde. Nun kam er wieder zum Vorschein, um die europäische Einigung als einen Mythos und eine romantische Phantasie von Idealisten zu entlarven. Die diesjährigen Feierlichkeiten zum Mauerfall-Jubiläum dürften sich anfühlen wie eine Gay Pride: Die meisten nehmen nicht daran teil, weil sie nicht schwul sind; andere sind nicht schwul, feiern aber trotzdem mit, weil sie es für richtig halten und dann gibt es diejenigen, die kommen, um alle anderen zu beschimpfen." (29.09.2015)
REFLEXIONEN
Le Monde - Frankreich
Guy Hermet erklärt die Bedingungen der demokratischen Transition
Die USA und ihre Verbündeten müssen sich im Klaren darüber sein, dass in Syrien eine demokratische Transition wie etwa in Spanien offenbar nicht möglich ist, meint der Politologe und Historiker Guy Hermet in der linksliberalen Tageszeitung Le Monde:
"Alle Versuche, die auf Initiative der USA oder später gemeinsam mit Frankreich und Großbritannien in Afghanistan, Iran, Libyen und anschließend in Syrien unternommen wurden, sind nicht nur daran gescheitert, stabile Regierungen einzusetzen. Sie haben die Ausgangslage für eine Demokratisierung dieser Länder noch erschwert. Wir haben gesehen, dass die Verwendung des Ausdrucks 'demokratische Transition' nicht genügt, damit ein solcher Prozess Gestalt annimmt. Damit dieser wie auf der Iberischen Halbinsel einigermaßen friedlich und geregelt verläuft, muss er sich auf ein gewisses Einverständnis zwischen Freiheitsverfechtern und den ehemaligen autoritären Machthabern hinsichtlich der Bildung eines provisorischen und für beide Seiten akzeptablen Regimes stützen können. Solch eine pragmatische Toleranz ist für das Gebiet, um das es hier geht, ganz offensichtlich unvorstellbar." (29.09.2015)
Aber die, die damals gesagt haben, wir müssen die Ursachen beseitigen, die Menschen dazu bringen, ihre Heimat zu verlassen, haben in den vergangenen Jahrzehnten genau das nicht geschafft. Seitdem sind Zehntausende auf der Flucht umgekommen, weil ihnen der Zugang zu Europa versperrt wurde wie 1961 den DDR-Bürgern der Weg nach Westen.
Nach dem Mauerbau hat es nur gut 18 Jahre gedauert, bis die DDR zusammengebrochen ist. Seit der Einführung des Art 16 sind über 22 Jahre vergangen. Sollen die Flüchtlinge darauf warten, dass die EU zusammenbricht? Soll die EU weiterhin in unserem Namen die Verantwortung dafür übernehmen, dass jährlich tausende Flüchtlinge umkommen, weil sie keine legale Einreisechance haben?
Unangenehm ist die Situation, für den Tod Tausender verantwortlich zu sein. Dennoch können wir relativ unaufgeregt darüber diskutieren. In Aleppo im Geschützfeuer zu sterben oder im Mittelmeer zu ertrinken, ist sicherlich unangenehmer. – Freilich, wer das tut, ist wenigstens nicht schuld daran, dass andere für ihn sterben müssen, damit er ungestört die Segnungen eines freien und prosperierenden Landes genießen kann.
Aber immerhin ist es nach 1945 gelungen, mehrere Millionen zu integrieren, und nach 1989 die Mehrheit der 17 Millionen Neubürger. Freilich nicht in einem Jahr und nicht alle.