Mehmed Ali Pascha wird am Nil bis heute als Gründer der Nation verehrt. Tatsächlich löste er das Land zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus der osmanischen Erstarrung [...] Brutal schaltet er die mamlukische Elite aus, die bis dahin Ägypten dominiert hat. Am 1. März 1811 inszeniert er ein regelrechtes Massaker. Unter dem Vorwand, eine Truppenschau abzuhalten, lädt er die Notabeln ein; einige Hundert festlich gekleidete Gäste versammeln sich in Kairos Zitadelle. "Die Emire", so berichtet ein Chronist, "betraten das Haus des Paschas, wünschten ihm guten Morgen und saßen eine Zeit mit ihm zusammen, um Kaffee zu trinken, während er freundlich mit ihnen scherzte." Als die Gäste aber hinausgingen, um sich die Parade anzusehen, wendeten die Soldaten plötzlich und begannen, auf die Emire zu schießen, "wobei sie keinen einzigen verschonten".(ZEIT, 27.2.2011)Fürst Pückler-Muskau hat ein Loblied auf Mehmed Ali gesungen, das schon damals sehr kritisch aufgenommen wurde.
Für mich legt sich gegenwärtig ein Vergleich mit Putin nahe: Nicht wählerisch bis skrupellos in seinen Methoden, andererseits nach innen Stabilisator, nach außen sehr bemüht, mit Hilfe der vorhandenen Ressourcen eine möglichst starke Position für sein Land zu erarbeiten. "Seine rigorose Modernisierung [...] hat alle fasziniert, seine expansive Politik die internationale Diplomatie über Jahrzehnte beschäftigt" schreibt Kreiser über Mehmed Ali.
In verblüffender Parallele zur unerschütterlichen Verehrung Atatürks in der Türkei, eines anderen Pascha aus Makedonien, halten die Ägypter Mehmed Alis Andenken in Ehren – auch wenn sie von seiner raffgierigen und späterhin (unter der englischen Herrschaft von 1882 bis zum Zweiten Weltkrieg) weithin machtlosen Dynastie nichts wissen wollen. (ZEIT, 27.2.2011)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen