"Die tragische Geschichte wird, wie Walter Benjamin fand, von jeder Generation aufs Neue geschrieben. Gerade deshalb scheint die Menschheit stets auf der Suche nach anderen Ansätzen, Lösungen und Antworten.So läuft derzeit im Berliner Haus der Kulturen der Welt ein anspruchsvolles Großprojekt: Das Anthropozän. Das Wort für dieses ‚neue Erdzeitalter‘ geht auf den Chemie-Nobelpreisträger Paul Crutzen zurück (von griechisch anthropos = Mensch). Dahinter steht die Vorstellung, dass die Menschheit die Natur – spätestens mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert – viel stärker und dauerhafter beeinflusst habe, als sie das wahrhaben will.Zwar mag es ein strikt geologischer Terminus sein, der noch nicht über wissenschaftliche Verbindlichkeit verfügt. Aber er bündelt einen Diskurs, unter dessen Dach viele, bisher oft getrennte Themen verhandelt werden: Ökologisches und Ökonomisches, Demografisches und Klimatisches, Politisches und Philosophisches. Die starren Dualismen von Natur und Kultur, Objekt und Subjekt, Körper und Geist funktionieren nicht mehr, weil das Anthropozän die Idee einer Natur auflöst, die dem Menschen als Naturwüchsiges gegenübertritt. Sie wird in allem von ihm geformt und überformt. Und die verbreitete mechanistische Sicht, die den Ingenieur als Weltgestalter pries, welcher die Natur im Dienst der Menschheit unterwarf, hat sich selbst überholt." (Robert Kaltenbrunner in "Vom Blitz getroffen", FR vom 7.7.14)Es lohnt sich, den gesamten Artikel zu lesen.
Die letzten zwei Sätze klingen freilich etwas naiv:
Unsere Gesellschaft benötigt eine Stehauf-Strategie – wie sie jeder Einzelne eigentlich kennt. Denn um das Leben zu bewältigen, braucht es ja Ausdauer beim Üben und die Fähigkeit, nach Rückschlägen weiterzumachen.
Als ob nicht die Menschheit seit eh und je zwar nicht gut in der Vorsorge gewesen wäre, aber weit besser als wir Einzelne in der "Fähigkeit, nach Rückschlägen weiterzumachen" .
Vor 40 Jahren kam mit "Grenzen des Wachstums" die große Warnung. 40 Jahre lang wurde wenig getan, um entstehende Risiken zu vermeiden. Die Menschheit wird nach Rückschlägen immer wieder weitermachen. Zu fordern wäre, was Kaltenbrunner vorher selbst betont hat, dass sie nicht weitermacht, sondern neue Strategien einsetzt.
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