"[...] Der Druck auf die Zement- und Betonindustrie ist groß, ihr Produkt klimafreundlicher zu machen. Schließlich gilt auch für sie die Ansage, dass bis Mitte des Jahrhunderts die „Netto-Null“ bei den Treibhausgasen erreicht werden muss, um das 1,5- bis Zwei-Grad-Limit der Erderwärmung noch einhalten zu können. Dazu gibt es verschiedene Ansätze. Etwa das Konzept, das entstehende CO₂ abzuscheiden und unterirdisch endzulagern, CCS genannt. Bei dem neuen Produkt allerdings, das jetzt erstmals in einem Baugebiet in Hessen, in Fronhausen bei Marburg, eingesetzt wurde, rührt die CO₂-Einsparung „von bis zu 70 Prozent“ (Hersteller) von einer Umstellung in der Zusammensetzung des Produkts her. Der Zement bei next.beton wird durch ein anderes mineralisches Bindemittel ersetzt, das nicht mehr gebrannt werden muss. Entwickelt wurde das Verfahren von dem australischen Baustoff-Konzern Wagners, der es als „Earth Friendly Concrete“ (concrete = Beton) vermarktet.
Für den zementfreien Beton, Geopolymerbeton genannt, nutzen die Hersteller – drei mittelständische Unternehmen aus der Kanalbau-Branche hierzulande – gemäß der Wagners-Rezeptur industrielle Nebenprodukte wie Hochofen-Schlacke und Flugasche, die in Kohlekraftwerken anfällt. Vorteil: „Bei diesem Prozess wird deutlich weniger Energie als bei zementgebundenem Beton benötigt, da die Hitzebehandlung bereits im Hochofen stattgefunden hat.“ So erläutert das Hersteller-Trio, das deutschlandweit rund drei Dutzend Produktionsstätten betreibt. Energie werde in dem Prozess nur eingesetzt, um die recycelten Rohstoffe aufzubereiten.
Druckstabiler als das Original
Risiken gibt es, so die Produzenten, keine. Bei den neuartigen Kanalrohren seien keinerlei technische oder qualitative Einbußen gegenüber der Standardware festzustellen, zudem seien sie nach der Nutzungsdauer zu 100 Prozent recyclingfähig. Auch das Handling sei identisch. „Tatsächlich sind die Rohre sogar haltbarer“, sagte Mario Bodenbender von der Geschäftsleitung der hessischen Unternehmensgruppe Finger Beton, im Gespräch mit der FR. Die Gründe: Sie sind druckstabiler und werden, da sie weniger Kalkverbindungen enthalten, von Säuren und anderen aggressiven Substanzen im Abwasser praktisch nicht angegriffen. „Das ist ein großer Vorteil“, sagte Bodenbender, dessen Firma die jetzt in einem Neubaugebiet verlegten Abwasserrohre produziert hat. Die Nutzungsdauer der Rohre, die in Durchmesser von 30 bis 240 Zentimetern gefertigt werden können, gibt er mit „über 100 Jahre“ an. „Wir selbst werden sie nicht mehr aus der Erde herausholen müssen“, sagt er schmunzelnd." ( https://www.fr.de/wirtschaft/beton-mal-anders-baustoff-ganz-ohne-den-klimakiller-zement-93672309.html FR 8.4.25)