Samstag, 4. Januar 2025

Weshalb Michelle Obama nicht für die US-Präsidentschaft kandidiert hat

  Sie kennt ihren Mann vermutlich ziemlich gut und hat ihn wohl auch deshalb so lieb gewonnen, weil er sich für allgemeine Interessen und für Benachteiligte eingesetzt hat. Andererseits hat sie gesehen, dass er trotz seiner politischen Begabung weit hinter den Zielen zurückgeblieben ist, die er sich gesetzt hat.

Eins seiner Ziele war ja durchaus, die Frontstellung zwischen Republikanern und Demokraten abzubauen. Inzwischen ist dank Trump das Gegenteil passiert. Wie sollte sie - deren gute Intentionen ein sehr großer Teil der Bevölkerung gewiss schätzt - bei weit geringerer Erfahrung angesichts der verfahrenen Lage mehr Erfolg haben?

Außerdem sind für Kinder, deren Eltern 8 Jahre lang durch einen anspruchsvollen Job des Vaters und Repräsentationspflichten und Engagement der Mutter für Frauen- und Kinderrechte nur mit verminderter Kraft Eltern sein konnten, gerade aus ihrer Sicht - vgl. auch ihre Bücher - die Eltern und nicht zuletzt die Mutter besonders verantwortlich. Nelson Mandela konnte im Zuchthaus nicht viel für seine Kinder tun, er musste all seine Kraft für den politischen Wandel einsetzen. Was in der Familie schief lief, konnte er aus dem Zuchthaus heraus nicht ändern. Nach dem Ende der 2. Amtszeit waren beide Eltern frei und konnten versuchen, ihre Versäumnisse an den ihnen Nächststehenden so weit als möglich gut zu machen.

Außerdem: Hätte Michelle Obama die Tötung Osama Bin Ladens oder umfangreiche militärische "Spezialoperationen" befehlen wollen?

Spezialeffekte von Feuerwerkskörpern

https://www.zeit.de/wissen/2025-01/kugelbombe-berlin-schoeneberg-explosion-silvester ZEIT 2.1.2025

 https://de.wikipedia.org/wiki/Feuerwerksk%C3%B6rper

Freitag, 3. Januar 2025

Inspirierte Attentäter

 Die Hinweise nehmen zu, dass Personen, die Gewaltphantasien entwickeln, sich dabei von Technikern der Gewalt "inspirieren" lassen, die ideologisch ihre Gegner sind. 

Die Terrororganisation IS stellt Gewaltvideos, Beispiele für erfolgreiche Attentate ins Netz, die sich über Influencer millionenfach verbreiten und dann Handlungsanleitung für Täter werden, die die islamistische Ideologie ablehnen. Der Terrorismusexperte Peter Neumann vom King's College London sieht beim Attentäter von Mannheim ein Beispiel dafür. Dann hätte dafür ausgerechnet ein AfD-Anhänger ein sinnfälliges Beispiel dafür geliefert, dass es eine große Anzahl von Einzeltätern aufgrund ihres Internetkonsums zu Gewalttaten inspiriert werden können, die die Handschrift ihrer ideologischen Gegner zeigen, ein Gedanke, gegen den die AfD seit vielen Monaten polemisiert. 


Dienstag, 31. Dezember 2024

Nehmen Personen und Staaten Trumps Ankündigungen noch erst, obwohl er oft nicht hält, was er verspricht?

Es kommt darauf an, wovon er spricht. Wenn er von etwas redet, was er in Zukunft machen wird, werden viele skeptisch sein, so bei Ulbrichts Satz "Niemand denket daran, eine Mauer zu bauen." Denn er hat öfter etwas angekündigt, was er dann nicht verwirklicht hat, aber wenn er mit etwas droht, muss man sich schon drauf einstellen, dass er es eventuell macht, auch wenn es so scheint, dass es nicht im Interesse der USA wäre. So etwa, wenn er mit dem Austritt aus der Nato droht oder damit, ein Land nicht zu unterstützen, auch wenn er vertraglich dazu verpflichtet wäre. Denn er handelt wie ein Geschäftsmann, der versucht, mit einem gewissen Druck die für ihn günstigste Regelung herauszuholen. Daran, dass er als vertrauenswürdig gilt, liegt ihm wenig, wichtiger ist ihm, dass man ihm alles zutraut und lieber gleich nachgibt, bevor er all seine Machtmittel einsetzt.

Das merkt man an dem vorauseilenden Gehorsam von ehemaligen Trump-Kritikern, die schon, bevor er im Amt ist, versuchen, sich bei ihm lieb Kind zu machen. Je mehr das geschieht, umso mehr wird er Drohungen einsetzen, auch wenn er sie eigentlich nicht wahr machen will. Denn immer wenn man ihm nachgibt, schmeichelt es seinem Selbstbewusstsein.

Dass es sinnvoll ist, Drohungen  ernst zu nehmen, auch wenn es scheint, es wäre nicht im Sinne des Drohenden, seine Ankündigung wahr zu machen, merkt man an Putins Drohung mit einem Einmarsch in die Ukraine. Obwohl er sich mit dem Einmarsch schwerwiegende Probleme eingehandelt hat, hat er doch eins erreicht: Man wird seine Drohungen ernst nehmen, auch wenn sie  zunächst nicht glaubwürdig erscheinen.

Ähnlich steht es mit Trumps Drohungen. Ihm ist wichtig, dass er als unberechenbar gilt. 

Wolf Biermann: Du lass dich nicht verhärten

Wolf Biermann

Du lass dich nicht verhärten

Warte nicht auf bessre Zeiten

Immer wieder mal habe ich mich gefragt, weshalb so große Romane wie etwa die Buddenbrooks oder Stolz und Vorurteil, in denen so viel Verständnis für die Welt, wie  ist, steckt, oder großartige Dramen nicht mehr Wirkung zeigen, und dann denke ich an Lieder wie die beiden oben vorgestellten und sage mir: Schon diese beiden Lieder bedeuten mehr als das Lebenswerk vieler produktiver Dichter.

Denn in wenigen Zeilen kann Lebensmut geschaffen werden, und das Werk von Matthias Claudius wäre wohl nicht die Hälfte wert, wenn er nicht Der Mond ist aufgegangen geschrieben hätte. Er hat dabei auf schon berühmte Zeilen anderer Dichter zurückgegriffen, und die Vrtonung macht viel von der Wirkung dieses Lides aus. Und doch, wie viel würde deutsche Lyrik fehlen, wenn es dieses Lied nicht gäbe. 

Dabei wird solch ein Lob der Bedeutung solcher Lieder nicht einmal gerecht. Denn siw sind für Millionen in den unterschiedlichsten Situationen wichtig gewesen: Stärkung, Trost, Ermutigung. Und Wolf Biermann hat nicht zu Unrecht darauf hingewiesen, wi viel ihm das Lied Wer nur den lieben Gott lässt walten bedeutet.


Montag, 30. Dezember 2024

Energie und Thermodynamik

 Thermodynamik als neue Disziplin

Mit dieser Erkenntnis hatten Mayer, Joule und von Helmholtz ein neues physikalisches Spezialgebiet begründet, die Thermodynamik, die Lehre von den Gesetzen der Energiewandlung, und zugleich deren ersten Hauptsatz definiert. Wie Geld im Wirtschaftskreislauf ist Energie eine Verrechnungseinheit, mit der sich Beziehungen zwischen physikalischen Objekten quantifizieren lassen. Energie arbeitet ohne Unterlass; sie springt von einem Körper zum nächsten, verändert dessen Zustand und stört damit sein Gleichgewicht. Der von ihr „angefallene“ Körper möchte die Energie so schnell wie möglich wieder loswerden, um seinen ursprünglichen Zustand wiederzufinden. Die Energie zieht weiter und wechselt dabei immer wieder ihre Erscheinungsform. Was das eine Teilsystem verliert, wird durch ein anderes aufgenommen.(Weltwissen online)

Sonntag, 29. Dezember 2024

Island

"[...] 1975 hat es in Island einen legendären Frauenstreik gegeben, an dem sich neunzig Prozent aller Frauen, linke, rechte, junge, alte, Hausfrauen, Arbeiterinnen, Akademikerinnen beteiligten. Sie weigerten sich zu arbeiten, zu kochen, Kinder zu hüten. "Women’s Day Off" hieß der Tag. Ein Schock für die Männer und ein phänomenaler Erfolg für die Frauen. Im Jahr darauf verabschiedete das isländische Parlament ein Gesetz, das Gleichberechtigung in jedem gesellschaftlichen Bereich garantierte. Mit durchschlagender Wirkung bis heute: In den letzten fünfzehn Jahren lag Island im Global Gender Gap Report des Weltwirtschaftsforums ununterbrochen auf Platz eins. [...]

Nach kurzer Fahrt biegen wir rechts ab, fahren auf einen kleinen Hügel mit einer weißen spitzen Kirche darauf. Irgendwo hier oben hat, der Sage nach, Egill dem Hügel einen Besuch abgestattet. Egill Skallagrímsson, den wir schon in der Ausstellung in Reykjavík kurz kennengelernt haben. Eine der isländischen Urgestalten, halb Wikinger, halb Dichter, ein Mann, den es wirklich gegeben hat und der deshalb so bedeutsam gewesen ist für dieses Volk, weil für ihn das Erzählen von Geschichten nicht nur irgendein Vergnügen war, sondern eine Sache auf Leben und Tod. Die wichtigste Sache der Welt.

Gelebt hat dieser Egill ungefähr zwischen 910 und 990. Die Egills Saga gilt als die älteste Saga des Nordens überhaupt, und schon in ihr gibt es diese Mischung, die die isländische Erzählwelt auszeichnet – und damit natürlich auch das isländische Weihnachten. Auf der einen Seite die christlichen Motive. Auf der anderen Seite das Archaische der nordischen Geschichten.

In die lebendige Welt hineindichten

Es ist nämlich so: Egill hat damals zwar selbst sein Leben erzählt, aber wir kennen nur die Version des Dichters Snorri Sturluson, die dieser mehr als zwei Jahrhunderte später verfasst hat, ungefähr im Jahr 1230. Und Snorri Sturluson war Christ. Anders als Egill, der Held der Saga. Dessen Großvater soll ein Werwolf in Norwegen gewesen sein, der abends die Gestalt wechselte.

Egill schreibt mit drei Jahren sein erstes Gedicht, mit sechs begleitet er seinen Vater zu einem Fest und ist zum ersten Mal betrunken, bald darauf begeht er seinen ersten Mord. Viele weitere Morde, Kämpfe, Siege folgen. Doch dann sterben seine beiden Söhne, einer kurz nach dem anderen. Und Egill beschließt, selbst zu sterben. Legt sich hin, isst nicht mehr, will verhungern. [...] Der Vater hört die Tochter kauen. "Kaust du etwas?" – "Ich kaue Seetang", sagt sie, "denn ich glaube, dass es mir davon schlechter geht als vorher; sonst, glaube ich, würde ich zu lange leben."

Das gefällt Egill, er kaut auch Seetang, hofft damit schneller zu sterben, in Wahrheit bekommt er, wie von der Tochter gewollt, schrecklichen Durst. Und er trinkt und isst, und sie bittet ihn, falls das mit dem Sterben jetzt nichts werden sollte, wenigstens ein Gedicht zu schreiben, zum Gedenken an seine Söhne. Und es entsteht eines der bis heute bekanntesten Gedichte in isländischer Sprache, Der Söhne Verlust.

Denn mein Geschlecht / steht am Ende, / gleich sturmzerschlagnen / Ahornen im Wald. / Nicht heiter ist, / wer vom Hause hinab / eines toten Gesippen / Glieder trägt.

So lautet eine der Strophen darin.

Egill dichtete sich ins Leben zurück und lebte weiter, noch viele Jahre lang. Am Ende, beinahe blind geworden, kam er wohl hier herauf, auf diesen Hügel im Mosfell-Tal, wo heute die weiße spitze Kirche steht, torkelnd, zwei Knechte bei sich und zwei Truhen voller Silber, der Schatz eines räuberischen Lebens. [...] 

Egills Silber – das ist ein Synonym für Geheimnis und Schätze im Verborgenen in Island. Und immer mal wieder kommt jemand hierhin, ins Mosfell-Tal zur Mosfellskirkja, um zu graben und zu suchen.

Auf dem Kirchhof liegt auch der berühmteste isländische Dichter der Neuzeit begraben. Halldór Kiljan Laxness, von 1902 bis 1998 hat er gelebt, fast das ganze 20. Jahrhundert lang. Hier liegt er unter Moos und Steinen. Sein Grab schaut hinab auf das Tal mit dem Laxness-Hof, auf dem er aufwuchs und nach dem er sich benannte. Als Junge hatte er dort unten eine Vision: Er blickte in die Welt und sah, wie schön sie war. "Da ist ihm, als sehe er das Antlitz Gottes vor sich", schreibt Laxness später in der Geschichte Mein heiliger Stein und erzählt darin von sich selbst als Neunjährigem. 

Es ist, als wolle sich seine Seele über den Körper hinaus erheben, wie aufgeschäumte Magermilch über den Rand einer Schüssel; es war, als fließe seine Seele in das unermessliche Meer eines höheren Lebens über den Worten, jenseits aller Wahrnehmung; der Körper durchdrungen von einem brandenden Licht, über allen Lichtern.

Laxness war kein gläubiger Christ, er glaubte, viel länger als es vernünftig war, an den Kommunismus, vor allem aber glaubte er an die Natur und die Kraft und die höhere Weisheit, die in ihr verborgen liegt. [...]

Sein größter und bester Roman heißt Sein eigener Herr, und das ist wirklich eines dieser Bücher, die den Lesenden verwandeln, weil man die Welt danach mit anderen Augen, neuer Dankbarkeit sieht. Es ist die Geschichte des Bauern Bjartur, der, besessen von der Idee, vollkommen unabhängig und frei zu leben, eine eigene Schafzucht in den unwirtlichen Bergen im Nordwesten Islands beginnt. [...]

Ein echtes Glück übrigens, dass ich am 23. Dezember nicht mehr hier bin. Denn so erstaunlich und wohlschmeckend und besonders all die probierten isländischen Spezialitäten sind – am 23. ist der Tag des Schreckens. Zumindest für Nicht-Isländer. Denn dann ist Þorláksmessa – der Tag der stinkenden Rochen, an dem des isländischen Schutzpatrons Þorlákur Þórhallsson gedacht wird. Dieser Rochen wird vor dem Verzehr wochenlang gelagert, damit das darin enthaltene Ammoniak sich zersetzt. Der Gestank muss bestialisch sein. Die Kleidung muss danach chemisch gereinigt werden, selbst die Haut bewahrt den Geruch noch lange.

Kaum einer der notorisch gastfreundlichen Isländer lädt dazu nach Hause ein, weil die Wohnung oder das Haus nach dem Rochenessen lange Zeit als kaum bewohnbar gelten. [...] Jón sagt, im vergangenen Jahr habe er sich beim Verzehr des Fisches aufgrund des Ammoniaks die Mundpartie stark verbrannt. Warum man all das Jahr für Jahr freudig auf sich nimmt? Sie nennen es Weihnachten. Sie nennen es: Tradition. [...]"

https://www.zeit.de/2024/55/islaendische-literatur-maerchen-sagen-mythologie/komplettansicht